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Ansichten – Raumdarstellungen um 1800

Didaktische Impulse für eine kulturwissenschaftlich ausgerichtete Germanistik

Michele Vangi


Seiten 121 - 140

DOI https://doi.org/10.33675/SGER/2023/2/9


open-access

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Abstract

Der Aufsatz befasst sich mit dem Themenkomplex Raum in den ästhetischen und wissenschaftlichen Diskursen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Es wird dabei auf den ‚spatial turn‘ Bezug genommen: eine seit über drei Jahrzehnten anhaltende Tendenz in den Kulturwissenschaften. Der Begriff der „Ansicht“ wird zum begrifflichen Leitfaden gewählt: Ansichten werden hier als möglichst umfassende und äußerst durchkomponierte textuelle Schilderungen von Ausschnitten ländlichen oder urbanen Raums verstanden. Die Evolution des Begriffs wird anhand von zwei Werken exemplarisch skizziert: Georg Forsters ‚Ansichten vom Niederrhein‘ (1794) und Alexander von Humboldts ‚Ansichten der Natur‘ (1807). Dabei konzentriert sich die Analyse auf drei Perspektiven bzw. Funktionen, welche die ‚Ansichten‘ erfüllen: 1) Bewältigung der damaligen Informationsüberflutung über den Raum; 2) Harmonisierung zwischen schriftlicher Beschreibung und Visualisierungsmodi, die typisch für die bildenden Künste um 1800 waren; 3) Gewinnung neuerer politischer Einsichten in die postrevolutionäre Gesellschaft. Abschließend wird auf didaktische Desiderata synthetisch eingegangen, die durch den Vergleich zwischen dem Raumregime Forsters und Humboldts mit dem der Studierenden angeregt werden. Darin liegt ein für eine kulturwissenschaftlich ausgerichtete Germanistik noch unausgeschöpftes Potenzial in der Forschung und in der Lehre.

The essay deals with the thematic complex of space in aesthetic and scientific discourses at the turn of the 18th and 19th centuries by referring to the spatial turn: a tendency in cultural studies that has persisted for over three decades. The German term “Ansicht” (Eng.: view) is chosen as the conceptual guide: “Ansichten” are understood here as the most comprehensive and extremely thoroughly composed textual descriptions of sections of rural or urban space. The evolution of the term is outlined using two works as examples: Georg Forster’s ‚Ansichten vom Niederrhein‘ (1794) and Alexander von Humboldt’s ‚Ansichten der Natur‘ (1807). The analysis focuses on three perspectives or functions that “Ansichten” fulfil: 1) coping with the information overload about space at the time; 2) harmonising between written description and modes of visualisation that were typical of the visual arts around 1800; 3) gaining newer political insights into post-revolutionary society. Finally, didactic desiderata are synthetically addressed, stimulated by the comparison between Forster’s and Humboldt’s spatial regime and that of the students. This is still an unexploited potential in research and teaching for German studies with a focus on cultural studies.

Keywords: Ansicht, Raum, Räumlichkeit/View, space, spatiality, ‚spatial turn‘, Geografie/geography, bildende Künste/visual arts, Paradigmenwechsel/paradigm shift, Romantik/romanticism, Aufklärung/enlightenment, Informationsüberflutung/information overload, Visualisierung/visualisation, politische Einsicht/political insight, Forschungs- und Lehrdesiderata/research and teaching desiderata.

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