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„Ich spiele ein Zusammensetzspiel“

Narrative Verfahren in Gedächtnisromanen von Ilse Tielsch

Evgenia Maleninská


Seiten 153 - 166

DOI https://doi.org/10.33675/SGER/2021/1/11


open-access

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Die Verknüpfung von narratologischen und gedächtnistheoretischen Kategorien, welche die methodologische Vorgehensweise im Aufsatz prägt, ermöglicht einzuschätzen, wie narrative Strukturen der fiktionalen Werke für die Gedächtnisbildung funktionalisiert werden. Aus der Analyse der Erzählverfahren in drei Gedächtnisromanen von Ilse Tielsch gehen zwei sinnkonstituierende Erinnerungsstrategien hervor. Die Strategie des subjektivierten Dokumentierens schöpft aus dem Potenzial der Belege des Geschehenen mit dem Ziel, die Vergangenheit vor dem Vergessen zu bewahren. Zugleich werden aber die Ansprüche sowohl auf Vollständigkeit als auch auf die getreue Abbildung der historischen Ereignisse durch diverse narrative Verfahren unterminiert. Die Erinnerungsstrategie des subjektiven Rekonstruierens des Gedächtnisrahmens ist ebenso ambivalent. Im Zuge der exkludierenden Montage werden der vergangene und der gegenwärtige Referenzrahmen der unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreise dargestellt, zu denen die Erzählerin gehört, womit die Grenze des reinen kommunikativen Gedächtnisses überschritten wird. Ilse Tielsch entwickelte somit zwei komplexe subjektivierende Erinnerungsstrategien, die ihre Romane von der ,Vertreibungsliteratur‘ der 1980er Jahre unterscheiden.

Schlüsselwörter: Erinnerungsstrategie, Montage, Vertreibungsliteratur, das kommunikative Gedächtnis, das kulturelle Gedächtnis

The conjunction of methodological categories from narratology and cultural memory studies used as the basic approach in this article allows to define how fictional narrative structures could be functionalised for cultural memory formation. The analysis of a trilogy written by Ilse Tielsch has revealed two important memory strategies. The strategy of subjectified documentation draws on the potential of evidence and testimony with the aim to prevent the past from being lost. At the same time, the claims to both completeness and faithful depiction of historical events are being undermined by various narrative techniques. The second memory strategy is just as ambivalent. In the course of the exclusive montage, there are being reconstructed both the past and the present frames of reference typical for different social circles around the narrator. As a consequence, the pure communicative memory has been exceeded. These complex subjectivising memory strategies developed by Ilse Tielsch distinguish her novels from the literature on flight and expulsion of Germans written in the 1980s.

Keywords: Memory strategy, montage, literature on flight and expulsion, communicative memory, cultural memory

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